ÖJRK-Kindercharta
1. SELBSTWERT
Kinder brauchen Vertrauen in die eigene Person und in die eigenen Fähigkeiten. Dann sind sie stark und selbstbewusst.
Markenkleidung und akzeptiertes Aussehen heben weder den Selbstwert, noch machen sie Kinder glücklich. Suchtverhalten betrifft immer jüngere Menschen. Kinder entwickeln zwar nicht ohne Unterstützung, aber doch auch mit bemerkenswerter Selbständigkeit ihre eigenen Fähigkeiten, Vorstellungen und Ideen, wenn sie nicht vorgegebenen Inhalten, Verhaltensweisen und Zielvorstellungen folgen (müssen), sondern Vertrauen in die eigene Person entwickeln und ihren Möglichkeiten selbstständig nachgehen können.
Der Selbstwert kann durch Eltern und Lehrer gefördert werden, indem die Selbstwirksamkeitsüberzeugung von Kindern gestärkt wird; also der Glaube, fähig zu sein, so zu agieren, dass bestimmte Effekte entstehen bzw. verhindert werden (z.B. Ermöglichen von Selbstregulation, Lob für Selbstständigkeit).
2. RESSOURCEN-ORIENTIERUNG
Jedes Kind will sich entwickeln und etwas leisten. Wer bei Kindern nur nach Fehlern sucht, hindert sie daran, ihre Stärken zu finden.
Es ist die Aufgabe von Eltern und Schule, Kindern zu helfen, ihre Entwicklungsmöglichkeiten zu erkennen und zu nützen, anstatt nach Defiziten zu suchen. Dieser in der Wissenschaft längst vollzogene Perspektivenwechsel des Lernens soll jedem Kind zugute kommen.
Der Wille zur Leistung kommt von innen aus der Lust, etwas zu (er)schaffen. Das Aufzeigen von Schwächen ist dann eine wichtige Lernerfahrung für Kinder, wenn ein fehlertoleranter Erziehungsstil gelebt wird.
3. ZUWENDUNG
Kinder brauchen Zeit und Aufmerksamkeit. Wer Kinder sich selbst, dem Fernseher oder dem Computer überlässt, behindert ihre Entwicklung.
Kinder brauchen Zuwendung in Form von Zeit und Aufmerksamkeit. Computerspiele, auch solche mit realen Partnern, sind kein Ersatz für direkte Kommunikation. Damit Kinder sich entwickeln können, brauchen sie Ansprache und gemeinsames Tun. Sie müssen dabei ernst genommen und respektiert werden.
4. BEZIEHUNGEN/BEGLEITUNG
Kinder zu erziehen ist keine einfache Aufgabe. Eltern sind manchmal überfordert. Sie brauchen Bildungsangebote und unterstützung in schwierigen Situationen.
Das Bewusstsein der Eltern zur Erziehung ist zu einem (großen) Teil das Resultat ihrer erfahrenen Erziehung und Sozialisation. Deshalb ist zur Überwindung ungünstiger Traditionen auch ein Anleiten zur Reflexion der elterlichen Handlungen und die Einübung in Alternativen wichtig.
5. BILDUNG/LEISTUNG
Die Schulzeit kann eine schöne Zeit sein. Lernen bedeuetet, gemeinsam zu neuem Wissen und neuen Kompetenzen zu finden.
Kinder sollen Schule und Lernen als positiv und bereichernd erfahren, weil sie sich ihr ganzes Leben lang immer wieder fortbilden werden müssen.
Nur wenn sie Spaß am Lernen haben, sich für sie passende Ziele stecken und sich bei deren Verfolgen Lerntechniken aneignen, wird das gelingen. Dazu brauchen sie ein Angebot von Lernformen, die auch kreatives und soziales Lernen fördern.
6. ZEIT
Kinder brauchen Freizeit, die sie selbst gestalten. Schule, Aufgaben, Lernen und andere angeleitete Bildungsaktivitäten sollen nicht mehr als 35 Stunden in der Woche einnehmen.
Natürlich können und sollen Kinder auch in ihrer Freizeit lernen dann aber selbstbestimmt.
Wenn Lerninhalte mit der Lebenswelt von Kindern verknüpft werden (z.B. fächerübergreifender Unterricht, Einbezug mehrerer Sinnesmodalitäten) und Lernergebnisse sich erlebbar positiv auf die Gestaltungsmöglichkeiten ihrer Lebenswelt auswirken, können Anreize für selbstmotiviertes Lernen geschaffen werden.
7. ERNÄHRUNG
Kinder haben das Recht auf Zugang zu abwechslungsreicher Ernährung in jeder Lebenssituation. So können Essstörungen und einseitiges Essen vermieden werden.
Kinder brauchen eine angemessene Ernährung, um sich gesund entwickeln zu können. Essstörungen, Adipositas und Diabetes im Jugendalter werden im Umgang mit Essen und Trinken zu Hause und in der Schule grundgelegt.
Ernährungspräferenzen werden in der frühen Kindheit festgelegt. Kinder entwickeln demnach eine Vorliebe für solche Lebensmittel, die auf der Tagesordnung stehen. Hier können Eltern und Lehrer auf die Ernährungsvorlieben der Kinder Einfluss nehmen.
8. GEWALT
Jedes Kind kennt Gewalt. Jedes Kind kennt Mobbing. Jedes Kind soll andere Lösungen für Konflikte finden können.
Gewalt ist eine Erfahrung, mit der jedes Kind konfrontiert ist. Kinder sehen Gewalt in den Medien und erfahren sie immer wieder als Lösungsmittel.
Kinder haben das Recht, andere Lösungsstrategien für Konflikte als körperliche Gewalt und verbale Gewalt (Bullying, Mobbing) kennen zu lernen. Kinder sollen keinen unnötigen Gewaltdarstellungen ausgesetzt werden.
9. MEHRSPRACHIGKEIT
Jede Sprache ist ein Gewinn. Kinder sollen sowohl in Deutsch als auch in ihrer Erstsprache unterrichtet werden.
Kinder, die Deutsch als Zweitsprache lernen, sollen sowohl in Deutsch als auch in ihrer Erstsprache gefördert werden.
Dies verbessert nicht nur ihre Berufschancen, sondern auch ihr Selbstwertgefühl. Die entscheidende Bedeutung der Mehrsprachigkeit muss auch den Eltern näher gebracht werden.
10. UMWELT
Jeder von uns ist ein Teil dieser Welt. Gemeinsam können wir sie erhalten. Dazu gehört der Respekt vor der Natur und allen Lebewesen.
Wir sind aktive Gestalter, die Welt gehört uns, wir sind aber auch von den Auswirkungen unseres Handelns betroffen.
Wir haben eine solidarische Verantwortung, mit unserer Umwelt nachhaltig umzugehen. Respekt gegenüber der Natur und das verantwortliche Umgehen mit dem technisch Machbaren gehören dazu.